Die monumentalste Arbeit Vostells und gleichzeitig kolossalste Kritik des Fluxusmit- begründers an der Ohnmacht der Nachkriegsgesellschaft, ihrer gelähmten Kunst und Kultur, zeugt von brachialer Bildsprache. Die Hilflosigkeit einer auf dem Rücken liegenden Schildkröte liefert das zynische Äquivalent. Subversiv ist die Wahl einer Güterzuglokomotive der Baureihe 52, die während des Zweiten Weltkriegs unter andrem auch für Menschentransporte in Konzentrationslager eingesetzt wurde. Nun zwar stillgelegt, so bleibt doch die allgemeine Erklärungsnot angesichts dieser sinnbildlichen Anklage verweigerter Menschlichkeit. Über die Schräge einer Ausschachtung hinab kann sich der Betrachter der Lok und ihrem Tender wie einer Grablege nähern. Kaum unterhalb dem mächtigen Körper der Maschine angekommen, vernimmt er diffuse, sich überlagernde Stimmen, die einerseits Psalm 55, 56 und 57 aus der Lutherbibel rezitieren, andererseits ihren Weg in die Vernichtung – Krieg wie Konzentrationslager – kommentieren, erzählen und formulieren. Das Kunstwerk als Ausrufezeichen gesellschaftshistorischen, -politischen wie menschlichen Scheiterns erweist sich als ikonisch im Kontext des visionären Plädoyers Vostells für eine Einheit von Kunst und Leben zum Fortschritt kultureller Einfühlung. (ish)